SAALPLAN | schließen » |
|
|
schließen » |
Text u. Bild: Waschhaus
Zu »Jung kaputt spart Altersheime« schunkelten die Punks schon Anfang der 80er. Der Slogan traf die Stimmung der Zeit. Keiner konnte sich vorstellen, älter als 25 zu werden. No Future! war das Motto all der trotzigen Nichtskönner und sensiblen Selbstdarsteller, die damals den Punk für die BRD entdeckten. Mittendrin waren Annette (»Bärchen«) und ihr Rudel renitenter Oberstufenschüler (»die Milchbubis«). Sie drehten ihre Verstärker auf, und machten aus wenigen Akkorden so viele Songs wie möglich. In den Texten ging es um die Abkehr von der Gesellschaft mittels Humor, Alkohol und Selbstzerstörung.
40 Jahre später ist es soweit: Auf der Werkschau »Endlich komplett betrunken« sind alle Songs der legendären EP und der LP, neu gemastert von den Originalbändern, und einige herrlich kaputte live-Aufnahmen. Außerdem gibt es neue Bonusstücke wie den Mix aus ihrem Song »Tagebuch« mit dem Punk-Klassiker »Samen im Darm« – ihr Stinkefinger gegen Schwulenhass.
Von 1980-83 waren »Bärchen und die Milchbubis« Teil der No Fun Records-Familie, einem hannoverschen Label aus der linksalternativen Szene. Dort veröffentlichten sie eine EP und eine LP. Mit den anderen Bands des Labels wie Hans-A-Plast, Rotzkotz, der Moderne Man und den 39Clocks wurde nicht nur gemeinsam aufgetreten, sondern auch geliebt, gedisst und gefeiert. »Bärchen und die Milchbubis« spielten in Jugendzentren, aber auch in der Alabama-Halle in München und im SO36 in Berlin. Sie waren nicht nur in Fanzines oder der Sounds, sondern auch in der Bravo und in der Musiksendung Bananas.
Trotz des frühen Endes von »Bärchen und die Milchbubis« überlebte ihre Musik als Klingelton (»Jung kaputt«), auf Tapes sogar in der ehemaligen DDR, sowie auf diversen Reissues. Sie wurde gecovert und von Underground-Radios gespielt.
»Bärchen und die Milchbubis« haben ihren Spaß zurück. Und sie freuen sich auch wieder auf die Bühne: »Los Leute, darauf trinken wir noch einen!«
Östro 430 waren schon immer eine sehr besondere Band. Eine kurze Zeitreise:
Es sind die späten 70er- und frühen 80er-Jahre, und in Düsseldorf proben Dutzende junger Gruppen die Revolution: Male, Mittagspause (später Fehlfarben), ZK (später Tote Hosen), S.Y.P.H., Der Plan, DAF. Ihre Barrikade, Bühne und Biertresen ist der Ratinger Hof, der schnell zum deutschen „Mekka des Punk“ wird. Doch selbst hier verstoßen Östro 430 gegen jedes Gesetz.
Ihre Musik ist aufgedreht, melodiös, brachial und Do-it-Yourself. Die Krönung sind die Songtexte: Lieder wie „Sexueller Notstand“, „S-Bahn“ und „Zu cool“ werden zu Klassikern. Sie schaffen es ins Fernsehen, den britischen NME und sogar in die BRAVO. Die Welt braucht die Östros, aber sie verpasst ihre Chance: 1984 lösen sich Östro 430, Role Models in einer Zeit, als es den Begriff noch nicht einmal gab, nach einer Abschiedstour auf.
39 Jahre später bekommt die Welt eine zweite Chance. Als Erste erkennen das Tapete Records. Schon 2020 veröffentlichen sie Östros komplette Studio-Aufnahmen aus den 80ern neu, die Compilation „Keine Krise kann mich schocken“. Die Resonanz ist überwältigend: Die Feuilletons adeln Östro 430 plötzlich zur Hochkultur, jüngere Musiker erweisen ihre Referenz.
Das Undenkbare geschieht: Östro 430 tauchen auf Tribute-Alben und -Veranstaltungen für Rio Reiser und Stoppok mit neuen Cover-Aufnahmen auf Und sie spielen wieder live. Neue Ideen werden zu neuen Stücken, treffen auf das alte Band-Motto „Nicht labern, sondern machen“ – und so entsteht zwangsläufig das neue Album: „Punkrock nach Hausfrauenart“
Alte Männer, wohin man blickt. Und Klugscheißer. Und Wörterpolizisten. Ewig-Gestrige, die glauben, sie würden gegen den Strom schwimmen. Selbsternannte Welterklärer, die mit dem SUV zu Lahmarsch-Fêten fahren. Aber es gibt noch ein Fünkchen Hoffnung, vielleicht doch das ganze System zu ficken. Schließlich gibt es noch scharfe Männerhintern – und Östro 430.
Östro 430 können nicht anders, als anders zu sein als alle anderen. Punkrock, aber nach Hausfrauenart: keine Gitarren – und trotzdem straight. Dazu Texte, die das Reimlexikon neu erfinden: Sie dichten „Diktator“ auf „Vibrator“ und „Hintern“ auf „Pimpern“. Sie teilen aus gegen jede Art von Spießertum: machtgeile Populisten, konservative Alt-Punks, ignorante Umweltschweine und politisch Überkorrekte, die Shitstorms diktieren. Und die Östros können sogar anders als anders, nämlich verletzlich sein. In „Bleib hier“ heißt es: „Du sagst, ich lieb aus Angst vor dem Alleinesein und jedes Wort tritt meine Zukunft ein“.
Östro 430, die ungewollten Role-Models der Ü50-PunkerInnen, teilen wieder aus & prangern an – schmackhaft, nachhaltig & wohl bekömmlich.
Köchinnen: Martina Weith: Gesang, Saxophon, Akkordeon Bettina Flörchinger: Keyboards, Synthesizer Anja Peterssen: Bass, Sandy Black: Schlagzeug
Datum / Beginn | Location | Ort | Stamp | ||
---|---|---|---|---|---|
Sa 23.12.2023 20.00 Uhr | Waschhaus Potsdam | Potsdam | Tickets ab 23,85 € | B%E4rchen+und+die+Milchbubies+%26+%D6stro+430|2023-12-23|20:00:00 |
Esther Graf
Esther Graf
27.10.2024 - 20.00 Uhr
Berlin: Festsaal...
CATT
„Change“ Tour
CATT
16.12.2023 - 20.00 Uhr
Berlin: Columbia...
27.01.2024 - 20.00 Uhr
Potsdam: Waschhaus...
IVO MARTIN
IVO MARTIN
14.09.2024 - 19.30 Uhr
Berlin: FRANNZ Club
Stornoway
Stornoway
26.04.2024 - 20.00 Uhr
Berlin: Privatclub
BONEZ MC
BONEZ MC
16.12.2023 - 19.00 Uhr
Berlin: Velodrom